Hätte sich an der alten Theaterkasse des Nationaltheaters in B 3 die folgende Szene abspielen können? Wir erinnern uns:
KASSIERER: Donnerstag ist ausverkauft... »Siegfried« ist heute, Donnerstag ist »Martha«.
GATTE: Wieso Martha?
GATTIN: Was is?
GATTE: Donnerstag ist »Martha«.
GATTIN: Nee, Martha kommt heute...
KASSIERER: Heute ist »Siegfried« ...
GATTE: (zum Kassierer) Martha ist meine Schwägerin ...
KASSIERER: Ach?
GATTIN: Was is?
GATTE: Martha ist meine Schwägerin...
GATTIN: Mein Gott, DAS weiß ich auch, und was ist mit »Siegfried«?
GATTE: »Siegfried« is heute ...
GATTIN: (zum Gatten) ...aber heute geht nicht wegen Martha...
KASSIERER: Entschuldigen Sie, ich werde jetzt abgelöst. Mein Kollege bedient Sie gleich weiter. (schließt das Kassenfenster).
GATTE: Wieso Martha?
GATTIN: Was is?
GATTE: Donnerstag ist »Martha«.
GATTIN: Nee, Martha kommt heute...
KASSIERER: Heute ist »Siegfried« ...
GATTE: (zum Kassierer) Martha ist meine Schwägerin ...
KASSIERER: Ach?
GATTIN: Was is?
GATTE: Martha ist meine Schwägerin...
GATTIN: Mein Gott, DAS weiß ich auch, und was ist mit »Siegfried«?
GATTE: »Siegfried« is heute ...
GATTIN: (zum Gatten) ...aber heute geht nicht wegen Martha...
KASSIERER: Entschuldigen Sie, ich werde jetzt abgelöst. Mein Kollege bedient Sie gleich weiter. (schließt das Kassenfenster).
Dass die Theaterkasse oftmals zur eigenen kleinen Bühne innerhalb des Theaters werden kann, zeigt Loriot (ZF 36) im weiteren Verlauf des berühmten Sketches. Um in Mannheim das französische Schauspiel und die italienische Oper zu besuchen, benötigte man zunächst noch keine Eintrittskarten. Der Eintritt war frei! Zutritt hatten ohnehin nur Mitglieder des Hofes und deren geladene Gäste. Dies änderte sich bei Gründung der Nationaltheaters 1777. Der Bürgerschaft war es nun möglich, gegen Entgelt Zugang zu Werken in deutscher Sprache zu erhalten. Dabei verwies man je nach Rang und Stand (im wörtlichen Sinne) das Publikum auf die Plätze. Die höheren Ränge fanden sich in ihren Logen ein. Für die bürgerlichen Stände wurden Stehplätze im Parkett oder Plätze auf der Galerie und im 3. Rang angeboten.
Die Organisation von Theaterkarten kam erst nach dem Wegzug des Hofes langsam in Schwung. Ohne Karte war es dann nicht mehr erlaubt, das Theater zu betreten. Die Regelungen, wer überhaupt Vorstellungen besuchen durfte, lockerten sich jedoch. Auch kostete der Kunstgenuss nicht immer etwas. Im 18. und 19. Jahrhundert gab es »Freibillette«. Das bedeutete, dass man kostenlosen Zutritt hatte, dafür aber die offizielle Legitimation benötigte. Diese Art Gutschein-System galt jedoch nicht für alle Vorstellungen. Der Stadthistoriker Friedrich Walter beschäftigte sich mit der damaligen Entwicklung des Kartenverkaufs. Am Beispiel der Konzertorganisation (1929:12) beschrieb er eine weitere Möglichkeit, unentgeltlich am Theaterleben teilzunehmen:
Die Organisation von Theaterkarten kam erst nach dem Wegzug des Hofes langsam in Schwung. Ohne Karte war es dann nicht mehr erlaubt, das Theater zu betreten. Die Regelungen, wer überhaupt Vorstellungen besuchen durfte, lockerten sich jedoch. Auch kostete der Kunstgenuss nicht immer etwas. Im 18. und 19. Jahrhundert gab es »Freibillette«. Das bedeutete, dass man kostenlosen Zutritt hatte, dafür aber die offizielle Legitimation benötigte. Diese Art Gutschein-System galt jedoch nicht für alle Vorstellungen. Der Stadthistoriker Friedrich Walter beschäftigte sich mit der damaligen Entwicklung des Kartenverkaufs. Am Beispiel der Konzertorganisation (1929:12) beschrieb er eine weitere Möglichkeit, unentgeltlich am Theaterleben teilzunehmen:
»Die Einzelkarte kostete 18 Batzen (1 Batzen – vier Kreuzer); dafür (heißt es in einer Ankündigung – kann ein Herr ein Frauenzimmer zugleich gratis einführen. Auch auf den Redouten [Vergnügungen mit Tanz] hatte jeder 'Chapeau' – wie man sagte – das Recht der Einführung einer Dame.«
Neben dem Einzelkarten-Verkauf setzte man auf eine längerfristige Verpflichtung durch den Kauf eines Abonnements. Günstigere Konditionen gab es dabei für Familien. Je nach den aktuellen Umständen änderten sich die Abonnement-Bedingungen. Mit dem kalkulierten Verkauf der Eintrittskarten war der Anfang zu einem modernen Theatermarketing gemacht. Die Kommunikation mit dem Publikum erfolgte schriftlich über die »Theater-Nachrichten«. Diese wurden zumeist in die Theaterzettel eingedruckt (ZF 46). Über die Informationen und deren Drucklegung wachte die jeweilige Intendanz genauestens. Veröffentlichungen über den gesamten Spielplan einer Saison, Monatsspielpläne oder Programmhefte zu den einzelnen Stücken gab es noch lange nicht. Umfangreiche Programmhefte im heute üblichen Sinne mit eingelegtem Abendbesetzungs-Zetteln wurden als Standard erst 1975 durch den Generalintendanten Arnold Petersen (1926-2013) eingeführt. Immerhin bot man im 19. Jahrhundert Textbücher zu den Opern an, die man an der Theaterpforte, am Kiosk und der Hoftheaterkasse erstehen konnte. Alles, was man für den Theaterbesuch wissen musste, erfuhr man durch Kenntnisnahme des allabendlich herausgegebenen Theaterzettels. Darauf waren auch die Heimfahrten nach der Vorstellung mit der Eisenbahn vermerkt.
Die von der Theaterleitung gestalteten Drucksachen, änderten von Zeit zu Zeit ihr Erscheinungsbild. Das betraf auch die Eintrittskarten (ZF 23):
Das farbenfrohe Beispiel in Gelb ist der Abonnementsausweis des Großherzoglichen Hof- und Nationaltheaters Mannheim für die Spielzeit 1909.10. Er sichert Johann Ingenhaag den Platz 2 in der 3. Rangloge, Nr. 85. Unterschrieben hat den Ausweis der Intendant Carl Hagemann (1871-1945) höchstpersönlich.
Bei der Planung des Neubaus für den Goetheplatz 1957 gab es ganz andere Bedingungen zu beachten. Man wollte das Nationaltheater in eine moderne Zukunft führen. Das bedeutete zur damaligen Zeit eine ansprechende Gestaltung des Kassenbereiches unter Verwendung einer Preistafel, die beleuchtet werden konnte. Hier sieht man sie schon zur Montage vorbereitet:
Bei der Planung des Neubaus für den Goetheplatz 1957 gab es ganz andere Bedingungen zu beachten. Man wollte das Nationaltheater in eine moderne Zukunft führen. Das bedeutete zur damaligen Zeit eine ansprechende Gestaltung des Kassenbereiches unter Verwendung einer Preistafel, die beleuchtet werden konnte. Hier sieht man sie schon zur Montage vorbereitet:
Um zum Kartenerwerb zu gelangen, durchschritt man einen dem Gebäude vorgelagerten Pavillon unter raffinierter indirekter Beleuchtung auf Solnhofener Platten (ZF 26). Diese stehen heute ebenfalls unter Denkmalschutz und erwarten sorgsam verpackt die Wiedereröffnung des Hauses nach der Generalsanierung. Modern, aber edel und elegant sollte es damals sein. Die Ausstattung der Theaterkasse war mit ihren Hölzern, Mosaikflächen und dem witzigen Bullauge für den Zutritt des Kassenpersonals genauso »durchdesignt« wie das gesamte Gebäude. Sein vornehmes Understatement, seine Sachlichkeit und Funktionalität lassen die Elemente des Bauhaus-Stils erkennen. Der ebenfalls maßvollen Preisgestaltung war anzumerken, dass die Bevölkerung bereits im Vorfeld enorme Mengen an Geldern gesammelt hatte, um das neue Theater überhaupt bauen zu können. Alle gesellschaftlichen Kreise sollten nun in das »Theater für Alle« kommen. Nicht nach Stand und Rang wollte man das Publikum unterscheiden, sondern (ganz sachlich) nach Preisgruppen und Platzgattungen. Logen und einen Balkon gab es ohnehin lediglich im Großen Haus. Der Architekt Gerhard Weber hatte damit die Logen des Hoftheaters allenfalls zitiert. In seinem offenen und hellen Zuschauerhaus sah und hörte man auf allen Plätzen gleich gut – das war das Entscheidende! In der Nachkriegszeit entstand in Mannheim ein enormer Kulturhunger: um den häufigen Theaterbesuch bei erschwinglichen Kosten zu ermöglich, florierte der Verkauf der Abonnements. Das Theater nannte seine eigenen Angebote »Platzmieten«. Den grauen »Platz-Ausweis« schmückte immerhin der Schillerkopf des Bühnenbildners und Gebrauchsgrafikers Hans Heinrich Palitzsch (ZF 22), der auch auf anderen Drucksachen bis zum Ende der Amtszeit Petersen noch zu finden war:
Umso erstaunlicher mutet es an, dass das Vorderhauspersonal in Livree antrat (s. Kachelbild). Dieses eigentlich etwas aus der Zeit gefallene »Zitat« der höfischen Geschichte des Theaters behielt man bis zum Ende der 70er-Jahre bei, wenn auch nur noch anlässlich der Festlichen Opernabende.
Dr. Laura Bettag
Bildnachweis, Literatur und Links:
- Kachelbild: MARCHIVUM, Bildsammlung, ABBN1212-1-0723-02.
- Text des Sketches zitiert nach https://www.lokalkompass.de/recklinghausen/c-lk-gemeinschaft/unvergessener-loriot-sketch-an-der-opernkasse_a20723.
- Nationaltheater-Orchester (Hg.) (1929). 150 Jahre Musikalische Akademie des Mannheimer Nationaltheater-Orchesters 1779 – 1929. Jubiläumsschrift. Mannheim: Bensheimer.
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