Der 1868 in Landshut geborene und im pfälzischen Leinsweiler-Neukastel verstorbene Bildende Künstler Max Slevogt war nicht nur Schöpfer impressionistischer Gemälde, sondern auch Grafiker, Illustrator, Karikaturist und Bühnenbildner. Sein Interesse am Theater erwachte früh. Zunächst besuchte er mit seiner Mutter Konzerte und Opernaufführungen. Er erhielt Klavier- und Gesangsunterricht und dachte sogar an eine Karriere als Musiker. Als er dann doch an der Akademie der Bildenden Künste in München studierte, entstanden Zeichnungen mit Bezug auf romantische Kompositionen. 1886 besuchte er mit seiner Mutter die Bayreuther Festspiele und erlebte dort eine Aufführung von Tristan und Isolde. Einige Jahre später hörte er erstmals den portugiesischen Bariton Francisco d’Andrade (1859-1921) in der Rolle des Don Giovanni (oder des Don Juan) in Mozarts gleichnamiger Oper. Slevogt porträtierte d‘Andrade mehrfach auf der Bühne in dieser Rolle. Slevogt hatte damit eine neue Form des Künstlerporträts etabliert: das Rollenporträt. Francisco d’Andrade war ein auch in Mannheim geschätzter Star. Er trat hier als »Francesco« d‘Andrade in Don Juan, aber auch in Verdis Rigoletto in den Titelrollen auf. Am 21. April 1891 verzeichnete ein Theaterzettel sein »Letztes Gastspiel«, was allerdings so nicht wirklich zutraf. Nach heutiger Zählung gastierte er zwischen 1891 und 1903 als Don Juan sieben Mal. Es galten dabei Sonderpreise und Freibillets waren aufgehoben. Am Ende des Theaterzettels konnte man sich über die letzten Bahnverbindungen nach der Vorstellung informieren:
Francisco scheute sich nicht, gegenüber seinen Fans mit seiner Darstellung der Rolle und seiner Person zu spielen. Er tat dies wohl so überzeugend, dass ihn auch seine Bühnenpartnerinnen verehrten. Als veritabler Don Juan verteilte er Autogrammkarten mit eigenhändiger Widmung an die Mannheimer Sängerin Anna (Rocke-)Heindl:
»À la gentille et intelligente Donna Anna Mademoiselle Anna Heindl. Souvenir de Don Juan. Francesco d‘ Andrade. Mannheim Fevrier 1892.«
Es fällt auf dem Theaterzettel noch auf, dass d‘Andrade mit vollem Namen genannt wurde, die anderen Sänger*innen jedoch nur mit Nachnamen unter Einleitung durch »Frl., Frau oder Herr«. Anfang des nächsten Jahrtausends änderte sich dies und alle wurden mit Vor- und Nachnamen genannt. In der Jubiläumsschrift des Nationaltheaters von 1929 war das gesamte Ensemble durch passbildartige Fotos einheitlich abgebildet. Nur die Aufnahmen einiger leitender Kapellmeister (ZF 30) oder Intendanten wurden deutlich größer gehalten. Weitere Theatermitarbeiter*innen wurden nicht per Bild gezeigt, aber namentlich nach Abteilung mit abgekürztem Vornamen aufgeführt.
Dem technischen Fortschritt zollten d’Andrade und Slevogt durchaus gerne Tribut. Es existieren um die zehn Aufnahmen d’Andrades auf Schallplatte, darunter »Wie Todesahnung« aus Wagners Tannhäuser. Max Slevogt interessierte sich zunehmend für eine Tätigkeit als Bühnen- und Kostümbildner. Von Richard Strauss ermuntert, reichte er zunächst Kostümentwürfe für Mozarts Titus am Münchner Nationaltheater ein. Im Weiteren kam er mit Theatergrößen wie Otto Brahm, Leopold Jessner, Max Reinhardt oder Gerhart Hauptmann in Kontakt und pflegte den Austausch innerhalb der entsprechenden Netzwerke.
Dazu gehörte für ihn auch die Auseinandersetzung über das Werk Richard Wagners. Auf dem Theaterzettel seines Götterdämmerung-Besuchs vom 19. April 1896 skizzierte er während der Vorstellung. Schließlich fand er als überzeugter Wagnerianer auch Zugang zum inneren Zirkel der Bayreuther Festspiele. Bei aller Faszination für den Grünen Hügel behielt er den Blick des Malers und bildete sich eine eigenständige Perspektive auf das, was er dort sah. Insbesondere das Bühnenbild zum Ring des Nibelungen erschien ihm dringend reformbedürftig. Im Briefwechsel, etwa mit dem Dirigenten Toscanini, aber auch mit Siegfried und Winifred Wagner mahnte er, »daß sich Bayreuth entschließen müßte, der schwankenden Gestaltung des Bühnenbildes – kurz der Stil-losigkeit des Dekorativen ein Ende zu bereiten«. Seiner Meinung nach »müßte Bayreuth den Schritt in der Welt tun, den Wagner für seine Zeit suchte u. heute als erster wünschen müßte: nicht so sehr auf dem Gebiet der technischen Fortschritte als der Monumentalität.«
Dem technischen Fortschritt zollten d’Andrade und Slevogt durchaus gerne Tribut. Es existieren um die zehn Aufnahmen d’Andrades auf Schallplatte, darunter »Wie Todesahnung« aus Wagners Tannhäuser. Max Slevogt interessierte sich zunehmend für eine Tätigkeit als Bühnen- und Kostümbildner. Von Richard Strauss ermuntert, reichte er zunächst Kostümentwürfe für Mozarts Titus am Münchner Nationaltheater ein. Im Weiteren kam er mit Theatergrößen wie Otto Brahm, Leopold Jessner, Max Reinhardt oder Gerhart Hauptmann in Kontakt und pflegte den Austausch innerhalb der entsprechenden Netzwerke.
Dazu gehörte für ihn auch die Auseinandersetzung über das Werk Richard Wagners. Auf dem Theaterzettel seines Götterdämmerung-Besuchs vom 19. April 1896 skizzierte er während der Vorstellung. Schließlich fand er als überzeugter Wagnerianer auch Zugang zum inneren Zirkel der Bayreuther Festspiele. Bei aller Faszination für den Grünen Hügel behielt er den Blick des Malers und bildete sich eine eigenständige Perspektive auf das, was er dort sah. Insbesondere das Bühnenbild zum Ring des Nibelungen erschien ihm dringend reformbedürftig. Im Briefwechsel, etwa mit dem Dirigenten Toscanini, aber auch mit Siegfried und Winifred Wagner mahnte er, »daß sich Bayreuth entschließen müßte, der schwankenden Gestaltung des Bühnenbildes – kurz der Stil-losigkeit des Dekorativen ein Ende zu bereiten«. Seiner Meinung nach »müßte Bayreuth den Schritt in der Welt tun, den Wagner für seine Zeit suchte u. heute als erster wünschen müßte: nicht so sehr auf dem Gebiet der technischen Fortschritte als der Monumentalität.«
Slevogt ließ es nicht bei der Kritik bewenden, sondern legte konkrete Bühnen- und Kostümbildentwürfe zu Motiven aus Tristan und Isolde, Tannhäuser, Walküre und Siegfried vor. Er und Winifred Wagner redeten jedoch letztlich aneinander vorbei. Auch war es keinesfalls so, dass man mit den Bayreuther Theatermalern etwa Dilettanten engagiert hatte. Der in Bayreuth verpflichtete Prof. Max Brückner (1836-1919) besaß in Coburg ein Theateratelier, in dem man allgemein geschätzte Bühnenbilder für Wagner-Inszenierungen bestellen konnte. Auch in Mannheim gönnte man sich einen solch prestigeträchtigen Import. Zu den Festspielen anlässlich des 300. Stadtjubiläums vom 5. bis zum 12. Mai 1907 orderte die Stadt im Zuge einer Neueinstudierung der Meistersinger von Nürnberg Bühnenbilder für den 2. Aufzug.
Mit der Vollendung bzw. Optimierung des Wagner‘schen Gesamtkunstwerks, wie sie Slevogt vorschwebte, hatte so ein Vorgehen wenig zu tun. Seine glühende Inspiration für die seiner Wahrnehmung nach »prometheische Schöpfungsglut« Wagners ließ Max Slevogt eine andere Form finden, Kunst und Leben miteinander zu verschmelzen. 1924 malte er auf Neukastel sein Musikzimmer aus, in dem er sich stundenlang singend und selbst am Flügel begleitend, Wagners Musik hingab. Seine Ausmalungen sollten »ein Opernbilderbogen im Großen« werden. Neben Mozarts Don Giovanni und der Zauberflöte, bei der er auch den 1921 verstorbenen d’ Andrade verewigt, darf der Siegfried aus dem Ring dabei nicht fehlen (s. Kachelbild).
Das Thema der Nibelungen war gesamtgesellschaftlich zu dieser Zeit ein Mega-Stoff. Mit dessen Hilfe wurde eine Geschichtsphilosophie konstruiert, die die zukünftige Entwicklung Deutschlands aus einer mythischen Vergangenheit legitimieren sollte. Diese Zukunft war in Slevogts Holzschnitten zum Nibelungen-Sujet in tiefem Schwarz gehalten. Auch mit großem Publikumserfolg kam zur gleichen Zeit Fritz Langs Stummfilm Die Nibelungen mit seinen beiden Teilen Siegfried und Kriemhilds Rache heraus.
Ganz ungehört verhallten Slevogts Appelle an die Bayreuther Festspielleitung anscheinend nicht, denn man beauftragte tatsächlich neue Bühnenbilder für den Ring, wenn auch nicht bei Slevogt.Mit der Karikatur »Welt-Kleisterschaft« revanchierte er sich für den jahrelang vergeblich geführten »Ring-Kampf«. Noch deutlicher drückt sein Brief vom 31. August 1931 die unterschwellige Sprengkraft eines Utopieverlustes aus:
Mit der Vollendung bzw. Optimierung des Wagner‘schen Gesamtkunstwerks, wie sie Slevogt vorschwebte, hatte so ein Vorgehen wenig zu tun. Seine glühende Inspiration für die seiner Wahrnehmung nach »prometheische Schöpfungsglut« Wagners ließ Max Slevogt eine andere Form finden, Kunst und Leben miteinander zu verschmelzen. 1924 malte er auf Neukastel sein Musikzimmer aus, in dem er sich stundenlang singend und selbst am Flügel begleitend, Wagners Musik hingab. Seine Ausmalungen sollten »ein Opernbilderbogen im Großen« werden. Neben Mozarts Don Giovanni und der Zauberflöte, bei der er auch den 1921 verstorbenen d’ Andrade verewigt, darf der Siegfried aus dem Ring dabei nicht fehlen (s. Kachelbild).
Das Thema der Nibelungen war gesamtgesellschaftlich zu dieser Zeit ein Mega-Stoff. Mit dessen Hilfe wurde eine Geschichtsphilosophie konstruiert, die die zukünftige Entwicklung Deutschlands aus einer mythischen Vergangenheit legitimieren sollte. Diese Zukunft war in Slevogts Holzschnitten zum Nibelungen-Sujet in tiefem Schwarz gehalten. Auch mit großem Publikumserfolg kam zur gleichen Zeit Fritz Langs Stummfilm Die Nibelungen mit seinen beiden Teilen Siegfried und Kriemhilds Rache heraus.
Ganz ungehört verhallten Slevogts Appelle an die Bayreuther Festspielleitung anscheinend nicht, denn man beauftragte tatsächlich neue Bühnenbilder für den Ring, wenn auch nicht bei Slevogt.Mit der Karikatur »Welt-Kleisterschaft« revanchierte er sich für den jahrelang vergeblich geführten »Ring-Kampf«. Noch deutlicher drückt sein Brief vom 31. August 1931 die unterschwellige Sprengkraft eines Utopieverlustes aus:
»Diesmal verließ ich es [Bayreuth] in ziemlicher u. besonderer Melancholie. […] So aber erschien es für mich wie ein Abschied. Es kommt dazu, daß ich immer mit dem Gedanken ‚spielte‘, wie Sie wissen, den Bayr. Spielen auch bildmäßig ein
Besonderes zu geben. Das war ein eigener Anreiz, – der mich sogar vom rein geniessenden abzog, aber heimlich mitaktiv machte! […] Diesmal sah ich klarer – u. friedvoller, – ich selbst habe den ungewollten Plan aufgegeben, (der ja wohl durch Parteianschluß zu erreichen wäre) – es wurde mir verständlich, daß mein Trieb dazu nur der unbewußte Hang des Künstlers war, zu einer größeren Gesellschaft in einem allgemeinverständlichen Symbol zu sprechen – wozu die Malerei mangels allgemein geteilter Ideale keine Gelegenheit mehr bietet. […]«
Besonderes zu geben. Das war ein eigener Anreiz, – der mich sogar vom rein geniessenden abzog, aber heimlich mitaktiv machte! […] Diesmal sah ich klarer – u. friedvoller, – ich selbst habe den ungewollten Plan aufgegeben, (der ja wohl durch Parteianschluß zu erreichen wäre) – es wurde mir verständlich, daß mein Trieb dazu nur der unbewußte Hang des Künstlers war, zu einer größeren Gesellschaft in einem allgemeinverständlichen Symbol zu sprechen – wozu die Malerei mangels allgemein geteilter Ideale keine Gelegenheit mehr bietet. […]«
Ihm war durchaus klar, nach welchen Kriterien Aufträge in Bayreuth (auch) vergeben wurden. 1925 besuchte Hitler die Festspiele und 1926 trat Winifred Wagner in die Partei ein.
In Mannheim gestaltete sich die Situation für den gesundheitlich schwer angeschlagenen Slevogt besser. Während der Ausmalung der Ludwigshafener Friedenskirche mit seinen Golgatha-Fresken wohnte er im Mannheimer Palast-Hotel in der Augusta-Anlage. Er wurde gebührend geschätzt und stand in gutem Kontakt zur Mannheimer Kunsthalle und seinem Direktor Gustav Friedrich Hartlaub. Er korrespondierte mit den Mannheimern Ernst Hohenemser, Abraham Arthur Lehmann sowie dem Mannheimer Oberbürgermeister, einem ausgewiesenen Kunstkenner. Hermann Heimerich schrieb an Prof. Slevogt wegen eines Gemäldeankaufs für die Kunsthalle. In diesem bisher unveröffentlichten Brief verweist Heimerich (ZF 36) auf Slevogts Ehrung durch eine am 8. Juli 1932 zu eröffnende Einzelausstellung. Am 20. September 1932 stirbt Max Slevogt auf Neukastel.
In Mannheim gestaltete sich die Situation für den gesundheitlich schwer angeschlagenen Slevogt besser. Während der Ausmalung der Ludwigshafener Friedenskirche mit seinen Golgatha-Fresken wohnte er im Mannheimer Palast-Hotel in der Augusta-Anlage. Er wurde gebührend geschätzt und stand in gutem Kontakt zur Mannheimer Kunsthalle und seinem Direktor Gustav Friedrich Hartlaub. Er korrespondierte mit den Mannheimern Ernst Hohenemser, Abraham Arthur Lehmann sowie dem Mannheimer Oberbürgermeister, einem ausgewiesenen Kunstkenner. Hermann Heimerich schrieb an Prof. Slevogt wegen eines Gemäldeankaufs für die Kunsthalle. In diesem bisher unveröffentlichten Brief verweist Heimerich (ZF 36) auf Slevogts Ehrung durch eine am 8. Juli 1932 zu eröffnende Einzelausstellung. Am 20. September 1932 stirbt Max Slevogt auf Neukastel.
Dr. Laura Bettag
Bildnachweis, Literatur und Dank:
- Kachelbild: Bildnummer 3-S32-T1-1 © akg-images.
- Theaterzettel von Mozarts Don Juan, Online-Ausgabe: MARCHIVUM, 2023 verfügbar unter https://druckschriften-digital.marchivum.de
- Carola Schenk (2015). Die Bühnenbildentwürfe im Werk von Max Slevogt. Dissertation an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Verfügbar als Pdf-Download.
- Liselotte Homering (Hg.)(1998). Mannheim und sein Nationaltheater. Menschen – Geschichte(n) – Perspektiven. Mannheim: Palatium-Verl., S. 43.
- Dank an Dr. Armin Schlechter, Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz, Speyer.
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