Zeitfenster Nr. 36

Der besondere Bezug zum Film der Intendanten Herbert Maisch und Klaus Schultz

Herbert Maisch wurde am 10. Dezember 1890 in Nürtingen geboren und starb am 10. Oktober 1974 in Köln. In einem SWR-Beitrag zu Ehren seines 75. Geburtstages blickt er auf wesentliche Stationen seines Theaterlebens in Baden-Württemberg zurück. Von 1924 bis 1926 war er als Intendant an der damaligen Württembergischen Volksbühne tätig. Nach weiteren Stationen als Intendant wurde er von 1930 bis 1933 Intendant am Nationaltheater Mannheim. Maisch fühlte sich dort zunächst sehr wohl und knüpfte über den Rotary Club enge lokale Kontakte. Es förderte ihn u.a. das Gründungsmitglied des Mannheimer Rotary-Clubs, Oberbürgermeister Hermann Heimerich während dessen erster Amtszeit von 1928 bis 1933. Nach seiner Absetzung durch die Nationalsozialisten 1933 geriet auch Maisch zunehmend unter Druck. Er sollte jüdische Schauspieler und den Generalmusikdirektor Joseph Rosenstock entlassen. Zudem hatte er mit Kritik der Mannheimer NS-Presse an seinem avantgardistischen Spielplan zu kämpfen. Maisch weigerte sich, die an ihn gerichteten Forderungen umzusetzen, wurde daraufhin 1933 entlassen und ging (wie Heimerich) nach Berlin. Dort öffnete ihm der Schauspieler (und Rotarier) aus Mannheimer Zeiten Willy Birgel, die Türen der UFA-Filmstudios. Herbert Maisch fasste dort zunehmend Fuß und drehte bis Kriegsende 13 Filme, darunter auch nationalsozialistische Propagandafilme. 1940 kam ein semibiografischer Film »Friedrich Schiller – Triumph eines Genies« heraus, der an Originalschauplätzen in Baden-Württemberg gedreht wurde. In dem anfangs genannten SWR-Fernsehbeitrag zieht Maisch zwischen seiner und Schillers Biografie Parallelen. Er sei wie Schiller im militärischen Umfeld ausgebildet worden, sei Schwabe und habe am Nationaltheater gearbeitet. Einen Eindruck von den Dreharbeiten zu Maischs Schiller-Film geben die Fotografien von Robert Häusser, die über die Deutsche Digitale Bibliothek online verfügbar sind.
Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte Herbert Maisch zur Theaterarbeit (auch in Mannheim) zurück. Der von ihm sehr geschätzte damalige Mannheimer Oberbürgermeister Hermann Heimerich half ihm bei seinem Entnazifizierungsverfahren, was ihm den beruflichen Neubeginn erleichterte. Als Hermann Heimerich ein zweites Mal von 1949 bis 1955 Oberbürgermeister Mannheims wurde, engagierte er sich nicht nur für den Neubau des Nationaltheaters, sondern auch für eine Neuordnung der Mannheimer Film- und Kinopolitik.
Herbert Maisch wurde mit zahlreichen Ehrungen bedacht. Das Kachelbild zeigt die Verleihung der Schillerplakette 1954 im Rosengarten durch OB Heimerich. Da Maisch im 1. Weltkrieg bei Verdun den rechten Arm verloren hatte, drückt ihm Heimerich zur Gratulation die linke Hand. 1961 verlieh man Herbert Maisch sowohl die Ehrenmitgliedschaft des Nationaltheaters als auch die der Städtischen Bühnen Köln. Dort hatte er von 1947 bis 1959 als Generalintendant das Haus geleitet. Auch Willy Birgel, prominenter Ehrengast bei Grundsteinlegung und Einweihung des neuen Mannheimer Hauses wurde Ehrenmitglied des Nationaltheaters. Nach seinem Weggang nach Berlin 1936 wurde er das erste Ehrenmitglied des Mannheimer Rotary Clubs.
Herbert Maisch veröffentlichte im Jahr 1970 seine Autobiografie unter dem Titel Helm ab – Vorhang auf. Wie viele andere Autoren versuchte auch er, die teils widerstreitenden Erfahrungen seines Lebens zwischen zwei Buchdeckeln so gut es ging in Einklang zu bringen.
Nicht unbedingt vorhersehbar verlief auch die Entwicklung eines Statisten in seinem Schiller-Film: als »Page« war Vicco von Bülow engagiert worden. Der spätere Loriot richtete seine eigene Herangehensweise an Film und Bühnen geradezu konträr gegen den Geniekult der nationalsozialistischen Ideologie aus, die er offenkundig aus eigener Anschauung kannte. Einerseits ein großer Opern-Verehrer, ging es ihm andererseits um eine neue Umgangsweise mit dem kulturellen Erbe, z.B. mit Richard Wagners Ring der Nibelungen. Zur Entmystifizierung genialer Werke der Theatergeschichte trug auch sein Film Ödipussi (1986) bei, bei dem der spätere Mannheimer Generalintendant Klaus Schultz (1947 – 2014) als »Untermieter Herr Weber« mitwirkte:
Klaus Schultz als Filmschauspieler und als Intendant des Staatstheaters am Gärtnerplatz München
Keinesfalls als Anti-Held stemmte Klaus Schultz die von 1992 bis 1994 stattfindende Sanierung des Nationaltheaters, die mit einer Schließung des Hauses am Goetheplatz während seiner Amtszeit von 1992 bis 1996 einherging. Mangels geeigneter Spielstätten entschloss man sich damals Wagners Ring konzertant im Rosengarten aufzuführen. Klaus Schultz entwickelte dafür eine Einführungsveranstaltung ganz besonderer Art. Der Ring an einem Abend erlebte in Mannheim seine Uraufführung! Zu Anfang sprach Vicco von Bülow (1923 – 2011) persönlich die Zwischentexte. Dieser Geniestreich ist bis heute auf vielen Spielplänen Theater-Deutschlands zu finden.

Dr. Laura Bettag
Bildnachweis, Literatur und Links:
  • Kachelbild: MARCHIVUM, Bildsammlung, KF041589
  • Archivfotografien von Robert Häuser in der Deutschen Digitalen Bibliothek. Verfügbar unter standfotos_schiller-film_1940_on (…). Verfügbar unter Robert-Häusser-Archiv/Curt-Engelhorn-Stiftung, Mannheim.
  • Hermann Schäfer & Oliver Werner (Onlinefassung Stand Mai 2021). Herbert Maisch, in: Rotary unter dem Nationalsozialismus. Digitales Gedenkbuch diskriminierter Rotarier. Verfügbar unter https://memorial-rotary.de/members/402.
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