Auf den ersten Blick könnte der Kreis in der Mitte der Aufnahme die Darstellung einer antiken Münze sein. Ein solches Motiv auf einem Bauzaun um ein neues Theater wäre heute kaum zu erwarten. In den 50er-Jahren, aus denen das Foto stammt, wurde ein Theater bzw. seine Ursprünge in einem Atemzug mit dem alten Griechenland in Verbindung gebracht. Das war Bildungsgut, nicht nur in altsprachlichen Gymnasien. Auch war es Konsens, wie griechische Theaterdichter auszusehen hatten: (mindestens) mittleres Alter, Vollbart, Lorbeerkranz und im Profil dargestellt. Auch die Baukunst hat Errungenschaften alter griechisch-römischer Kulturen gerne aufgegriffen. Fast alle Baustile bis zur Postmoderne beinhalten einen Rückbezug auf diese Vorbilder. Indem man sich auf einen idealisierenden Ursprungsmythos berief, schrumpften zwischenzeitlich vorhanden gewesene Ästhetiken in ihrer Bedeutung. Gerade auf der Schwelle zum 20. Jahrhundert war dies das Mittel der Wahl. So erfand beispielsweise die Amerikanerin Isadora Duncan beim Studium griechischer Vasen einen neuen, wegweisenden Bühnentanzstil.
Insofern ist es nur konsequent, wenn dem antiken Motiv auf dem Bauzaun eine Figur aus der Gründungszeit des Mannheimer Hof- und Nationaltheaters folgt. Die Verbindung zum Altertum kam im Bauschmuck des alten Nationaltheaters zum Ausdruck: Säulen, Statuen und der Sophokles-Tondo. Das kreisrunde Medaillon zeigt Sophokles, einen der bedeutendsten griechischen Tragödiendichter als stilisiertes Brustbild im Profil. Er lebte von 496/497 bis 406/405 v. Chr. Der Tondo markierte die Mitte des Proszeniums als vordersten Bereich der Bühne und wird heute noch in den theatergeschichtlichen Sammlungen der Reiss-Engelhorn-Museen ausgestellt.
Das Nachkriegstheater setzte strategisch ebenfalls auf das alte Griechenland, wenn auch dezent. In seinem Baukörper kommen bei näherem Hinsehen, neben den zahlreichen viereckigen Stützen geradezu zierliche, runde Säulen vor. Sie schmücken den Umgang an den Stirnseiten und bieten einen geschützten Aufenthalt bei schlechtem Wetter. Durchgehend ziehen sie sich von dem zum Luisenpark gelegenen Umgang beim Orchesterprobensaal über die Kantine bis ins obere Foyer hinauf, wo sie interessanterweise dann im Inneren des Raumes stehen.
Weitere Anspielungen an die griechische Antike gibt es im Bildprogramm der Mosaiken von Curth Georg Becker für die Wandelhalle (s. Zeitfenster 18). Neben Becker hatte sich auch der Mannheimer Rudi Baerwind (1910-1982) für die Ausgestaltung beworben. Einer seiner in der Festschrift abgedruckten Entwürfe von 1956 trägt den Titel »Ödipus Rex«:
Insofern ist es nur konsequent, wenn dem antiken Motiv auf dem Bauzaun eine Figur aus der Gründungszeit des Mannheimer Hof- und Nationaltheaters folgt. Die Verbindung zum Altertum kam im Bauschmuck des alten Nationaltheaters zum Ausdruck: Säulen, Statuen und der Sophokles-Tondo. Das kreisrunde Medaillon zeigt Sophokles, einen der bedeutendsten griechischen Tragödiendichter als stilisiertes Brustbild im Profil. Er lebte von 496/497 bis 406/405 v. Chr. Der Tondo markierte die Mitte des Proszeniums als vordersten Bereich der Bühne und wird heute noch in den theatergeschichtlichen Sammlungen der Reiss-Engelhorn-Museen ausgestellt.
Das Nachkriegstheater setzte strategisch ebenfalls auf das alte Griechenland, wenn auch dezent. In seinem Baukörper kommen bei näherem Hinsehen, neben den zahlreichen viereckigen Stützen geradezu zierliche, runde Säulen vor. Sie schmücken den Umgang an den Stirnseiten und bieten einen geschützten Aufenthalt bei schlechtem Wetter. Durchgehend ziehen sie sich von dem zum Luisenpark gelegenen Umgang beim Orchesterprobensaal über die Kantine bis ins obere Foyer hinauf, wo sie interessanterweise dann im Inneren des Raumes stehen.
Weitere Anspielungen an die griechische Antike gibt es im Bildprogramm der Mosaiken von Curth Georg Becker für die Wandelhalle (s. Zeitfenster 18). Neben Becker hatte sich auch der Mannheimer Rudi Baerwind (1910-1982) für die Ausgestaltung beworben. Einer seiner in der Festschrift abgedruckten Entwürfe von 1956 trägt den Titel »Ödipus Rex«:
Baerwind praktizierte hiermit ein in der Nachkriegszeit verbreitetes Verfahren, bis dato unbekanntere künstlerische Ansätze in der Maske des Antiken und Archaischen hervorscheinen zu lassen.
Im Musiktheater bildeten altgriechische mythologische Themen ein perfektes Bindeglied zwischen den Zeiten. Am 02.07.1956 brachte das Nationaltheater unter Leitung seines Generalmusikdirektors Herbert Albert die oratorische Oper Oedipus Rex von Igor Strawinsky heraus. Chor und Solisten sangen in lateinischer Sprache. Der Text geht auf die Tragödie Oidipus tyrannos von Sophokles zurück und entstand bereits 1927 gemeinsam mit dem französischen Dichter Jean Cocteau. Die lateinischen Übersetzungen stammen von Jean Daniélou. Der Text des Sprechers war in Landessprache ausführbar. Es ist davon auszugehen, dass er bei der Mannheimer Erstaufführung in deutscher Sprache deklamiert wurde.
Gemeinsam mit einer Bearbeitung von Monteverdis Orfeo durch Carl Orff wurde die Produktion fünfzehn Mal im Musensaal gespielt. Dort standen in den Jahren 1955 und 1956 an antiken Stoffen Orffs Catulli Carmina und Carmina burana sowie Pallas Athene weint von Ernst Krenek im Haus Kurpfalzstraße (Schauburg) auf dem Spielplan.
Im Schauspiel blendete man die realen Verhältnisse im zeitgenössischen Griechenland weniger aus, was nicht zwangsläufig zu künstlerischen Erfolgen führte. Am 05.12.1954 wurde das Schauspiel Feuer über Sodom von Nikos Kazantzakis (1885 - 1957) in Anwesenheit des Autors auf die Bühne gebracht. Kazantzakis war ein bedeutender griechischer Autor, den man durch seinen Roman Alexis Sorbas und dessen berühmte Verfilmung mit der Musik von Theodorakis heute noch kennt. Feuer über Sodom entstand 1948 im südfranzösischen Antibes, als sich Kazantzakis aus politischen Gründen nicht in Griechenland aufhalten konnte. Er bemühte sich besonders um die Förderung von Übersetzungen seiner und anderer Werke in international gefragten Sprachen. Sein Anliegen war es dabei, Brücken zwischen den verschiedenen Kulturen und insbesondere zwischen Ost und West zu schlagen. Der angestrebte Kulturtransfer jener Jahre mutierte nicht selten zur Herkulesaufgabe und bedurfte beharrlicher, einfallsreicher und öffentlichkeitswirksamer Aktivitäten. In Mannheim trug insbesondere Rudi Baerwind mit seinem »Symposion der Künste« zur Gestaltung einer neuen Stadtgesellschaft bei. Ab 1968 trafen sich Vertreter/innen aller Sparten, darunter Günther Grass, nach (nicht ganz) altgriechischem Vorbild zum lebendigen Austausch.
Im Musiktheater bildeten altgriechische mythologische Themen ein perfektes Bindeglied zwischen den Zeiten. Am 02.07.1956 brachte das Nationaltheater unter Leitung seines Generalmusikdirektors Herbert Albert die oratorische Oper Oedipus Rex von Igor Strawinsky heraus. Chor und Solisten sangen in lateinischer Sprache. Der Text geht auf die Tragödie Oidipus tyrannos von Sophokles zurück und entstand bereits 1927 gemeinsam mit dem französischen Dichter Jean Cocteau. Die lateinischen Übersetzungen stammen von Jean Daniélou. Der Text des Sprechers war in Landessprache ausführbar. Es ist davon auszugehen, dass er bei der Mannheimer Erstaufführung in deutscher Sprache deklamiert wurde.
Gemeinsam mit einer Bearbeitung von Monteverdis Orfeo durch Carl Orff wurde die Produktion fünfzehn Mal im Musensaal gespielt. Dort standen in den Jahren 1955 und 1956 an antiken Stoffen Orffs Catulli Carmina und Carmina burana sowie Pallas Athene weint von Ernst Krenek im Haus Kurpfalzstraße (Schauburg) auf dem Spielplan.
Im Schauspiel blendete man die realen Verhältnisse im zeitgenössischen Griechenland weniger aus, was nicht zwangsläufig zu künstlerischen Erfolgen führte. Am 05.12.1954 wurde das Schauspiel Feuer über Sodom von Nikos Kazantzakis (1885 - 1957) in Anwesenheit des Autors auf die Bühne gebracht. Kazantzakis war ein bedeutender griechischer Autor, den man durch seinen Roman Alexis Sorbas und dessen berühmte Verfilmung mit der Musik von Theodorakis heute noch kennt. Feuer über Sodom entstand 1948 im südfranzösischen Antibes, als sich Kazantzakis aus politischen Gründen nicht in Griechenland aufhalten konnte. Er bemühte sich besonders um die Förderung von Übersetzungen seiner und anderer Werke in international gefragten Sprachen. Sein Anliegen war es dabei, Brücken zwischen den verschiedenen Kulturen und insbesondere zwischen Ost und West zu schlagen. Der angestrebte Kulturtransfer jener Jahre mutierte nicht selten zur Herkulesaufgabe und bedurfte beharrlicher, einfallsreicher und öffentlichkeitswirksamer Aktivitäten. In Mannheim trug insbesondere Rudi Baerwind mit seinem »Symposion der Künste« zur Gestaltung einer neuen Stadtgesellschaft bei. Ab 1968 trafen sich Vertreter/innen aller Sparten, darunter Günther Grass, nach (nicht ganz) altgriechischem Vorbild zum lebendigen Austausch.
Dr. Laura Bettag
Literatur und Links
- Liselotte Homering (Hg.) (1998). Mannheim und sein Nationaltheater. Menschen – Geschichte(n) – Perspektiven. Mannheim: Palatium-Verlag, S. 30.
- Das Neue Nationaltheater (1957). Festschrift zur Eröffnung des neuen Mannheimer Nationaltheaters am 175. Jahrestag der Uraufführung der »Räuber«, S. 189.
- Ursula Dann, Christine Theuer, Claus Schill (Hg.) (2010). Rudi Baerwind. Leben und Werk 1910 – 1972. München: Hirmer, S. 42.
- Oedipus Rex. Das Orchestre national de France spielt unter Leitung von Daniele Gatti 2014 im Théâtre des Champs-Elysées (Paris). Den Ödipus singt der in den 2000er-Jahren im Mannheimer Opernensemble engagierte Nikolai Schukoff. Verfügbar unter: https://www.youtube.com/watch?v=TydSMcGqRn0
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