»Schwarze Künstler*innen gibt es einfach nicht«, sagte einmal eine Dramaturgin zu mir. Das sei der Grund, warum man im Theater so selten Schwarze Menschen sieht. Während manche glauben wollen, dass es Menschen wie mich nicht gibt, mache ich weiter Kunst. Mein Raum dafür ist das Stadtensemble, denn die Menschen dort sind für das eingefahrene System genauso unbequem wie ich. Dort bleiben unerzählte Geschichten nicht lange unerzählt. Für unsere Inszenierung »4 Jahreszeiten. WINTER« habe ich erstmals einige Gedanken über meine Identität aufgeschrieben: Ich bin kein Mischlingskind. »Gib in der Suchmaschine deines Vertrauens mal den Begriff ›Mischling‹ ein und finde ein Bild, auf dem kein Hund drauf ist.« Für »Krieg ist kein Spiel für Frauen« habe ich mit meiner Oma zum ersten Mal über den Biafra-Krieg gesprochen. Ihre Erfahrungen landeten teils wörtlich auf der Bühne. Durch das Stadtensemble habe ich nicht nur mich selbst und meine Familiengeschichte besser verstanden. Ich habe auch die verschiedensten Menschen und ihre Perspektiven kennengelernt und dadurch eigene blinde Flecken entdeckt. Auch bei Simone Dede Ayivis Premiere »Unauthorized und Unverschämt« im Juli stehen übersehene Erfahrungen im Zentrum. Ich freue mich ganz besonders darauf, denn es wird ein Stück afrodeutsche Geschichte erzählt werden. Aus meiner Sicht ist das eine Gelegenheit, sich klarzumachen: Die heutige Diskriminierung Schwarzer Menschen hat ein System und eine Geschichte in Deutschland. Wir sind keine Einzelfälle. Es gibt uns hier! Aber auch: Wir sind nicht allein und können etwas verändern.
von Amanda Godwins