Orchester

Annette Schilli

Foto: Natalie Grebe
Diplom- und Aufbaustudium in Freiburg, Auslandsemester an der UC San Diego zum Studium zeitgenössischer Werke. Nach Praktika bei den städtischen Bühnen Freiburg und beim Südwestfunkorchester Baden-Baden strebte ich eine Stelle in einem Opernorchester an. An einem Theater erschien mir das Berufsleben als Orchestermusikerin lebendiger, vielfältiger und näher am Publikum zu sein.
Aus Neugier studierte ich neben den Orchesterdiensten Soziologie an der Universität Heidelberg (Magister mit dem Schwerpunkt Industrie-/Betriebssoziologie). Das Studium eröffnete mir über Ausbildungen zur Mediatorin (HIM) und Systemischen Beraterin (IF-Weinheim) weitere Betätigungsfelder.
Bemerkenswert ist dabei, dass die Rahmenbedingungen, innerhalb derer sich Musik bzw. gesellschaftliches Zusammenleben abspielen, ähnlicher Struktur sind. Ton-/Notenzeichen liegen wie die normativ gefassten gesellschaftlichen Wertvorstellungen schriftlich vor. Lesart und Feinheiten werden in beiden Systemen allerdings situativ immerzu auf- bzw. miteinander abgestimmt. Musiker*innen erarbeiten im (Zusammen-)Spiel ihre ganz eigene Interpretation der Notentexte. Mitglieder einer Gesellschaft interagieren, indem sie ihre Beziehungen vor dem Hintergrund der Gesetzestexte erkunden und ausbalancieren. Dass ich so gleichartig gestaltete Aushandlungsprozesse in völlig andersgearteten professionellen Kontexten erleben kann, empfinde ich als große Bereicherung.
Instrument
Kontrabass

Mitglied seit
August 1991
Was war Ihr schönster Moment am NTM?
Einen besonderen Moment erlebte ich in einer Probe, in der Adam Fischer auf Wunsch des Regisseurs dieselbe Arie über sein Dirigat in einer anderen Emotion erklingen ließ: erst eifersüchtig, dann wütend. Faszinierend!

Welcher war Ihr peinlichster/ lustigster Moment am NTM?
Es ist eher die unbeantwortete Frage, ob infolge meines für das Publikum deutlich sichtbaren Zuspätkommens die »Neujahrskonzerte« am NTM in den folgenden Jahren vom späten (Wiener) Vormittag auf den frühen (Mannheimer) Abend verlegt wurden. Diese Frage hat mich neben Nerven auch 50.- DM Strafgeld gekostet.

Was schätzen Sie am meisten an Ihrer Arbeit?
Dass ich aufgrund des umfangreichen und vielfältigen Opernrepertoires, das als Besonderheit der Oper am NTM lange sorgsam gepflegt und wertgeschätzt wurde, noch immer Spaß am Musizieren haben kann.

Warum sollten Menschen in die Oper gehen?
Manchmal gibt es in Opernaufführungen mehr oder weniger lange Augenblicke, in denen Publikum und Mitwirkende spüren können, dass gerade etwas ganz Einmaliges passiert, das weder reproduziert, noch ein weiteres Mal in derselben Weise erlebt werden kann.